Freitag, 11. März 2011

Sie flüsterte: "Ich habe Angst vor der Zukunft..."

"...nein, nicht vor der jetzt gleich. Aber dann, wenn wir Grossmütter sein werden. Der Mensch wird vermütlich nicht klüger - nicht im Sinne von Fürsorglichkeit und Mitmenschlichkeit", sagte sie. "Es braucht ja immer gewisse Zeit, bis etwas sich entwickelt und der Mensch sich damit weiter traut, aber Du wirst sehen..."

Wir waren 11 Jahre alt, damals - Hiroshima lag noch nicht allzu lange zurück. Es war beim Abschied, unsere Wege trennten sich wieder. Sie war eine Mitschülerin aus Japan gewesen, und ich eben die Deutsche, die man fragen konnte, wenn es mit der deutschen Sprache haperte...

Es ist nun ganz anders, als sie damals dachte - die Menschen wollen sich - noch - nicht wieder mit Atombomben umbringen. Das was jetzt an Gefahr vor sich hinkocht reicht aber auch. Und, es ist das, was sie auch dachte, als Atomkraftwerke gebaut wurden: "Der Mensch spielt wieder und noch..."

Dann war der Gau in Tschernobyl, die Sorgen und Ängste um verseuchte Grundlagen des Menschen, und die hochheiligen Schwüre, baldmöglichst auszusteigen aus dem Atomkram. Einige Zeit war es vergessen, und ich musste an meine japanische Schulkameradin denken, die damals schon sagte: "Sie werden sich nicht daran halten, und an alles was versprochen wurde je, auch nicht..."

"Das Kernkraftwerk Fukushima besteht aus sechs Siedewasserreaktoren und ist damit eines der größten der Welt. Die Betreibergesellschaft Tokyo Electric Power Company gibt auf ihrer Website an, dass bei drei der sechs Reaktoren alle Notstrom-Generatoren ausgefallen seien. Man habe die Meiler daraufhin geflutet. Der Industrieverband World Nuclear Association meldete, man habe erfahren, dass die Situation unter Kontrolle sei. Allerdings ist der Verband - ebenso wie die Internationale Atomenergiebehörde IAEA - auf Informationen aus Japan angewiesen. "Die würde ich zurzeit mit der Pinzette anfassen", warnte Atomexperte Schneider."

http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/0,1518,750346,00.html

 Damals, mit den Kriegen der Eltern und Grosseltern der noch nicht lange zurück liegenden Vergangenheit, den Erzählungen von ihnen, dem Erleben auch ihrer Beschädigungen, sprachen manche Heranwachsende offener aus, als heute, was sie ängstigte. Und - das war oft sehr komplex und weitreichend. Trotzdem haben auch sie später verdrängt und vergessen.


Aber, es holt uns wieder ein, dieses Verdrängte, nicht genug Beachtete...
Und das gilt nicht nur bei Katastrophen, die man der Natur zuschreiben kann.


http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2011-03/erdbeben-japan-tokyo

 Und, wir alle werden wieder und wieder weiter machen, als wäre nichts geschehen...

 

Mittwoch, 9. März 2011

Euthanasiemorde unter Obhut der evangelischen KIrche



Es war eine Sendung des Deutschlandfunks. Übelkeitserregend, wie das sich Bodenpersonal der gerühmten crhistlichen Tradition und Leitkultur gegen jene handelte, die eigentlich den Schutz und den ganzen Einsatz der Kirche für sich benötigt hätten.

Die Frage drängte sich förmlich auf:
Was ist mit den schönen Reden heute - und was wäre, wenn es wieder ernst würde - wäre etwas anders als damals? Ich bezweifle dies durchaus.

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/dasfeature/1343734/

Wie Irma Sperling starb

Euthanasiemorde unter der Obhut der evangelischen Kirche

Von Rainer Link

Irma Sperling wurde dreimal begraben. Ihr Körper wurde 1944 in einem Massengrab in Wien verscharrt. Ihr Gehirn ist 1996 in Hamburg begraben worden. Eine weitere Gehirnscheibe wurde 2002 beigesetzt. Irma Sperling war ein geistig behindertes Kind, das in der Nazizeit in die düsteren
Backsteinbauten der Alsterdorfer Anstalten, eine der größten evangelischen Behinderteneinrichtungen Deutschlands, eingewiesen wurde. Sie starb mit nur 13 Jahren - eines von Tausenden Opfern der NS-Euthanasieprogramme.

Die Täter wurden allesamt nicht bestraft, nach einer kurzen Frist setzten sie ihre Karrieren in Hamburg fort: als Gemeindepastor, als Senatsdirektor und als Facharzt. Jahrzehntelang bestritt die Nordelbische Landeskirche ihre Komplizenschaft mit den NS-Mördern - der Tod Irma Sperlings
beweist das Gegenteil.

Eine schlichte graue Granitplatte ist heute auf dem Ohlsdorfer Friedhof in den Rasen eingelassen. Zehn Namen stehen auf dem Grabstein, der dritte von unten: Irma Sperling. Hier ruht die Asche dessen, was die Ärzte als Einziges interessant fanden an diesem Kind und deshalb aufbewahrten -
das Gehirn.

Regie: Anna Panknin
Produktion: DLF 2011

Manuskript zur Sendung als pdf oder im Textformat.