Hamas, Ehud Barak und “Oasen des Friedens” - Widerspruch gegen die “Palästinenser-Alleinschuld-These” der Bundesregierung
Von Clemens Ronnefeldt
Am 30.12.2008 berichtete die Süddeutsche Zeitung:
"Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt der Hamas die alleinige Schuld an der aufflammenden Gewalt im Nahen Osten".
Ähnlich äußerte sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der Verständnis für die israelischen Bombardierungen zeigte. Der nachfolgende Beitrag möchte nicht die palästinensische Seite von Schuld, Fehlern und Versagen freisprechen, sondern der skandalös einseitigen Bewertung der deutschen Bundesregierung Argumente und Fakten entgegen halten, um zu einer Beurteilung jenseits von "Schwarz-Weiß-Denken" zu kommen. Weil er als Widerspruch zur vermeintlichen "Alleinschuld" der palästinensischen Seite angelegt ist, verzichtet er auf "Ausgewogenheit", sondern zeigt verstärkt nicht wahrgenommene positive Ansätze der palästinensischen Seite und benennt gleichzeitig kritische Aspekte der israelischen Politik. Am Ende stehen Hoffnungszeichen, die in die Zukunft weisen.
Hamas - kein monolithischer Block von Hardlinern
Das Buch der deutschen Professorin Helga Baumgarten Hamas. Der politische Islam in Palästina, München, 2006 liest sich aus der Sicht der Bombardierungen im Gazastreifen und der Kassam-Raketen auf Israel wie eine lange Kette versäumter Möglichkeiten zum Ausgleich zwischen Israelis und Palästinensern. In ihrer äußerst differenzierten Untersuchung weist die Autorin auf wenig bekannte Sachverhalte hin, die den Pauschalvorwürfen, die Hamas anerkenne Israels Existenz nicht an und wolle das Land zerstören, die Grundlage entziehen.
Die "Gemeinde der Muslime in Jordanien und Palästina", aus der die Hamas hervorging, wurde von der israelischen Regierung finanziell unterstützt:
"David Shipler, ehemaliger Korrespondent der New York Times in Israel, schreibt in seinem Buch über diese Periode1, dass ihm der damalige israelische Militärgouverneur in Gaza, Brigadier General Yitzhak Segev, erzählt habe, wie er die islamische Bewegung dort als Gegengewicht gegen die PLO und die Kommunisten finanziert habe" (H. Baumgarten, Hamas, S. 32).
Die ersten Selbstmordanschläge der 1987 gegründeten Hamas (arab.: "Eifer") erfolgten nach dem Massaker 1994 in Hebron, bei dem Baruch Goldstein in israelischer Militäruniform 29 Muslime in der Abrahams-Moschee ermordet hatte. Diese erste Hamas-Anschlagsserie endete vorläufig im März 1997 mit Attentaten in Tel Aviv und Jerusalem. Danach gab es heftige interne palästinensische Auseinandersetzungen über Selbstmordanschläge, die nach der Freilassung von Scheich Ahmad Yasin bis März 2001, also über einen Zeitraum von vier Jahren und ein halbes Jahr nach dem Tempelbergbesuch Ariel Scharons, gestoppt wurden. Im März 2004 wurde Ahmad Yasin, der Gründer der Hamas, von einer israelischen Bombe ermordet, kurze Zeit später ebenso sein Nachfolger Dr. Rantisi.
Während der Amtszeit von Ministerpräsident Netanyahu erfolgte 1997 ein Mordanschlag auf den derzeit im Exil in Damaskus lebenden Hamas-Führer Khalid Maschaal:
"Der israelische Geheimdienst Mossad versuchte am 25. September2, Kahlid Maschaal, den Chef des Hamas-Politbüros, in Amman mit Nervengift zu ermorden. Der Anschlag schlug fehl, Maschaal konnte rechtzeitig ins Krankenhaus gebracht werden, und König Hussein von Jordanien zwang Netanyahu, das notwendige Gegengift zu liefern, um Maschaal zu retten. In einem komplexen Arrangement von quid pro quo3 entließ nun Israel Scheich Ahmad Yasin aus dem Gefängnis und brachte ihn nach Amman, König Hussein erlaubte die Rückkehr der acht Mossad-Agenten, die in den Anschlag verwickelt waren bzw. ihn ausgeführt hatten, nach Israel. Eine Reihe von palästinensischen und jordanischen Gefangenen wurde ebenfalls freigelassen. Der jordanische Monarch erzwang diese Arrangements aus zwei Gründen. Erstens wollte er Israel klar machen, dass die Bestimmungen des israelisch-jordanischen Friedensvertrages einzuhalten waren. Diese verboten jeden Einsatz von Geheimdiensten im jeweiligen Nachbarstaat. Zweitens hatte Hussein Netanyahu genau zwei Tage vor dem Attentat gegen Maschaal, am 23. September, schriftlich informiert, dass die Hamas zu einem Dialog mit Israel und zu einem Stopp der Selbstmordattentate bereit sei" (H. Baumgarten, S. 128f.).
Helga Baumgarten schreibt:
"Die Antwort der Hamas auf die Forderung nach Gewaltverzicht im israelisch-palästinensischen Konflikt ist die Einhaltung eines Waffenstillstandes, den die Hamas selbst seit Anfang 2005 akribisch eingehalten hat. Am deutlichsten hat Kahlid Maschaal, Chef des Hamas-Politbüros, diese Position in einem Artikel ausgesprochen, der am 31. Januar 4 im englischen Guardian und am 1. Februar5 in der Los Angeles Times, allerdings unter einem anderen Titel, publiziert wurde. Der Schlusssatz formuliert eindeutig: ’ …Wenn Sie bereit sind, das Prinzip eines langfristigen Waffenstillstandes anzunehmen, sind wir bereit, dessen Modalitäten zu verhandeln. Die Hamas reicht allen, die wirklich einen Frieden auf der Grundlage der Gerechtigkeit wollen, ihre Hand zu Frieden’.
Nach dem Wahlsieg der Hamas im Januar 2006 erklärte der frisch gewählte Regierungschef Ismail Haniyeh am 26. Februar 2006 in einem Interview in der Washington Post:
‘Wenn Israel erklärt, dass es dem palästinensischen Volk einen Staat ermöglicht und ihm seine Rechte zurückgibt, dann sind wir bereit, Israel anzuerkennen’." (H. Baumgarten, Hamas, S. 186).
Wenige Tage vorher, am 16. Februar 2006, sagte Azzam Tamimi, Leiter des Londoner "Institut für Islamische Politische Theorie", der die Hamas in Medienfragen berät, in einem Interview mit der Jerusalem Post,
"dass die Hamas-Führung in Beirut und Damaskus an einer Änderung der Charta arbeite. Diese solle gemäßigter und ohne antisemitische Formeln und Argumentationsmuster, in ein wirkliches politisches Dokument umgeschrieben werden. `Der ganze Unsinn über die Protokolle der Weisen von Zion und die Verschwörungstheorien, all dieser Mist muss heraus. Er hätte eigentlich von Anfang an nicht auftauchen dürfen´. Über die Protokolle der Weisen von Zion sagt Tamini: `Niemand mit Selbstrespekt sollte in eine solche Falle geraten, denn dieses Buch ist eine absolute Fälschung´. Allerdings, so meinte er, würde sich die Hamas nach den Wahlen 2006 sicher noch mit einer Änderung der Charta zurückhalten, um nicht den Eindruck zu erwecken, dem Druck aus dem Westen nachgegeben zu haben" (H. Baumgarten, Hamas, S. 65).
Vor dem Hintergrund der Ereignisse am Jahreswechsel 2008/2009 hätte die Führung der Hamas sehr viel Angriffsfläche vermeiden können, wenn sie sich zu einer offiziellen Korrektur ihrer Charta hätte durchringen können - und wenn es ihr gelungen wäre, sämtliche Raketenabschüsse auf Israel zu unterbinden.
Verteidigungsminister Ehud Barak - ein Mann mit Vergangenheit
Die Süddeutsche Zeitung schrieb am 29.12.2008:
"Eine Begründung für die Militärschläge lautet bei Barak so: `Wir leben hier nicht in Schweden, sondern in einer grausamen Realität. Die Schwachen erhalten kein Erbarmen´".
Verteidigungsminister Ehud Barak, der bei den Wahlen im Februar 2009 trotz schlechter Umfragewerte seiner Arbeitspartei gerne Regierungschef werden möchte und eine Schlüsselfunktion bei der Beendigung des Krieges besitzt, war nach Aussagen einiger Autoren bereits mehrfach an politischen Morden beteiligt, die allerdings nicht zu einer Verurteilung führten.
In seinem Buch Es war einmal ein Land. Ein Leben in Palästina, München 2008, schreibt Sari Nusseibeh, seit 1995 Präsident der Al-Quds-Universität in Jerusalem und Träger des Lew-Kopelew-Preises für Frieden- und Menschenrechte über einen Mordanschlag an Abu Dschihad, der zunächst als palästinensischer "Che Guevara" galt, sich allerdings nach dem Libanon-Einmarsch 1982 einer strikt gewaltlosen Position verschrieben hatte. Der Anschlag auf ihn ereignete sich knapp acht Monate nach dem Beginn der ersten Intifada 1987 - und Nusseibeh beschreibt ihn folgendermaßen:
"Mit anderen Worten, die Entscheidung der israelischen Regierung, Abu Dschihad zu eliminieren, hatte nichts mit Terrorismus zu tun. Im Gegenteil, was die Militärstrategen wohl geradezu verrückt machte, war die Tatsache, dass die stärksten Waffen des Feindes nicht Bomben oder hasserfüllte Rhetorik waren, denen man mühelos hätte entgegentreten können, sondern ziviler Ungehorsam und eine gut organisierte ‘weiße, gewaltlose Revolution’. Und da es den Israelis nicht gelungen war, des Problems in den besetzten Gebieten Herr zu werden, beschlossen sie, den ‘führenden Kopf’ zu beseitigen.
Der Mord fand in einem ruhigen Vorort von Tunis statt, wo der ehemalige Guerillaführer seine Freizeit meist im Garten verbrachte.
(…) Inzwischen kreiste Ehud Barak in einer Boeing 707 über dem Ort und gab per Funk seine Anweisungen für die zwanzig Einheiten am Boden.
Als Umm6 ein Geräusch hörte, ging sie nachsehen, was los war. Ihr Mann war bereits auf und schlich mit einer Pistole in der Hand auf Zehenspitzen zur Zimmertür. Sie wollte ihm folgen, doch er winkte ab. In diesem Augenblick sah sie ihn: Einen Mann Anfang zwanzig, mit blondem Haar und einer Perücke vor dem Mund - wie ein junger Chirurg, der im Begriff war einem Patienten die Mandeln herauszunehmen. Abu Dschihad wollte gerade schießen, da feuerte der junge Mann auch schon gelassen und ohne ein Wort die gesamte Ladung seines Maschinengewehrs auf ihn ab. Zwei weitere Männer des Kommandotrupps schossen ebenfalls ihre Magazine leer, dann verschwanden alle wieder. Es fiel nicht ein Wort" (S. 274f).
Nusseibeh charakterisiert den israelischen Verteidigungsminister folgendermaßen:
"Als Ehud Barak und die Arbeitspartei 1999 die Wahlen in Israel gewannen, jubelten alle, die den Frieden wollten. Barak galt weithin als ein Mann, der komplexe Vorgänge sofort erfasste. Er hatte Mathematik studiert, war eine der Hauptfiguren bei der riskanten Rettungsaktion am ugandischen Flughafen Entebbe und ein brillanter Stabschef gewesen (…). Zweifellos erinnerten sich die Araber auch an seine anderen Taten, zum Beispiel an seine Rolle bei der Ermordung Abu Dschihads oder an die sogenannte Operation ‘Springtime of Youth’, bei der er, als Frau verkleidet, Mitglieder einer PLO-Zelle in Beirut erschossen hatte" (S.404).
Über dieses Attentat schreibt der deutsche Journalist Johannes Zang in seinem Buch "Unter der Oberfläche. Erlebtes aus Israel und Palästina, Berlin, 2008":
"Der spätere israelische Ministerpräsident Ehud Barak war am 10. April 1973, als Frau verkleidet, am Mord an dem palästinensisch-christlichen Dichter und PLO-Sprecher Kamal Nasir in dessen Bett in Beirut beteiligt" (S. 25).
Ende Januar 2001 trafen sich Ehud Barak und Yassir Arafat in Taba, um mit ihren jeweiligen Delegationen nach dem Scheitern in Camp David im Jahre 2000 vielleicht doch noch zu einem Friedensvertrag zu kommen. Nusseibeh kommentiert:
"Taba kam zu spät. Arafats Haltung war ambivalent, denn taktisch schien es ihm wenig sinnvoll, ein Abkommen mit einer israelischen Regierung zu schließen, die auf ihre Abwahl zusteuerte. Barak wiederum zauderte, weil er sich nicht sicher war, ob ihm ein Abkommen zu einem Sieg bei den bevorstehenden Wahlen verhelfen würde" (S. 421).
Während des Schreibens dieses Artikels scheint Ehud Barak wieder vor Wahlen zu zaudern: Diesmal angesichts der Frage, ob der Einsatz von Bodentruppen ihm bei den bevorstehenden Wahlen im Februar 2009 nützlich sein wird oder nicht.
Uri Avnery - folgt auf Hamas Jihad?
Am 14.2.2006 veröffentlichte "Spiegel online":
"Die ‘New York Times’ berichtet heute über amerikanische und israelische Pläne, die neue Hamas-Regierung so zu destabilisieren, dass es in nicht allzu ferner Zukunft zu Neuwahlen kommen könnte. Laut NYT geht es dabei vor allem darum, die Islamisten von internationalen Hilfsgeldern und Kontakten abzuschneiden. Dadurch würden die Palästinenser in eine so schwierige Lage kommen, dass sie nach einiger Zeit unter der Hamas von selbst wieder zu einer reformierten Fatah unter Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zurückkehren wollten." 7
Nach dreijährigem Warten und dem Scheitern dieser Strategie hat sich die israelische Regierung zum Krieg entschlossen, der sechs Monate vorher - noch mitten in der Waffenruhe zwischen Hamas und der israelischen Regierung - beschlossen worden war8
Uri Avnery schreibt in seinem Buch Von Gaza nach Beirut, Klagenfurt/Wien 2006:
"Die Trennung vom Gazastreifen, die ohne Dialog mit den Palästinensern durchgeführt wurde, diente Israel nur als Vorwand, eine Blockade des Gazastreifens durchzuführen und das Leben dort in eine Hölle zu verwandeln. Als die Hamas zur Macht kam, holte die israelische Regierung alle alten Slogans, die einmal gegen die PLO benützt worden waren, vom Dachboden: sie sei eine Terrororganisation, sie anerkenne Israels Existenzrecht nicht an, in ihrer Charta werde zur Zerstörung Israels aufgerufen. Aber Hamas hat sich gewissenhaft seit über einem Jahr von gewalttätigen Angriffen fern gehalten. Als sie zur Macht kam, konnte sie nicht über Nacht ihre Ideologie aufgeben, aber mehr als einmal fand sie Wege, um deutlich zu machen, dass sie damit einverstanden sei, mit Israel zu verhandeln und dieses innerhalb der Grünen Linie anerkennen werde. Eine Regierung, die an Frieden interessiert ist, würde die Gelegenheit beim Schopfe packen und Hamas mit Verhandlungen auf die Probe stellen. Stattdessen entscheidet sich Ministerpräsident Ehud Olmert, allen Kontakt mit ihr abzubrechen und die USA und Europa zu drängen, die Palästinenser buchstäblich auszuhungern, bis sie sich schließlich unterwerfen.
Wahrscheinlich würde sich dasselbe noch einmal abspielen: denn diejenigen, die Hamas nicht wollen, werden den Islamischen Jihad bekommen" (S. 125).
Hoffnungszeichen: Evi Guggenheim Shbeta, Eyas Shbeta und das Modell "Neve Shalom/Wahat al-Salam"
Evi Guggenheim Shbeta, Israelin und Eyas Shbeta, Palästinenser, leben als Ehepaar im gemeinsamen israelisch-palästinensischen Dorf "Neve Shalom/Wahat al-Salam" (Oase des Friedens), zwischen Tel Aviv und Jerusalem gelegen. Ihre Kinder meinten in einem TV-Interview mit dem Schweizer Fernsehen im Jahre 2008, sie könnten nicht sagen, welche der beiden Identitäten nun eigentlich ihre sei.
Beide Ehepartner haben zusammen das Buch Oase des Friedens - Wie eine Jüdin und ein Palästinenser in Israel ihre Liebe leben. München 2004, geschrieben, das sie mit den Sätzen beschließen:
"Das Ende der zweiten Intifada ist noch immer nicht abzusehen. Der Bau der Mauer zwischen unseren beiden Völkern wird fortgeführt. Die Situation im Nahen Osten scheint verfahrener und hoffnungsloser denn je. Die Jahre der sich immer schneller drehenden Gewaltspirale verlangen von uns Friedenskämpfern einen sehr langen Atem und viel Ausdauer. Wir wissen aus unserer Arbeit in der Friedensschule, dass diese Verhärtung der Fronten manchmal kaum auszuhalten ist, aber wir wissen auch, dass wir diese Phase hinter uns lassen und in eine andere, bessere Zukunft schauen werden. Wer sich in dieser Zeit in den Medien über das Geschehen im Nahen Osten informiert, bekommt den Eindruck, es gäbe zwischen Juden und Palästinensern nur Gewalt. Dass ein friedlicher Alltag zwischen beiden Völkern möglich ist, beweisen wir in unserem Dorf Neve Shalom/Wahat al-Salam täglich. Im Herbst 2003 haben wir erneut Geschichte im Nahen Osten geschrieben: Wir haben in der ‘Oase des Friedens’ die erste binationale, zweisprachige jüdische-palästinensische Oberschule eröffnet und kämpfen nun darum, wie wir es schon bei der Gründung unserer Grundschule taten, sie am Leben zu erhalten. Unsere Freunde auf der ganzen Welt helfen uns dabei" (S. 320).
Was in Neve Shalom/Wahat al-Salam geschieht, ist kein Einzelfall: In "Givat Haviva" begegnen sich junge Israelis und Palästinenser und schließen Freundschaften, in den "Hand in Hand"-Schulklassen in Jerusalem gehen Kinder beider Seiten gemeinsam zur Schule. Im Projekt "PRIME" entwickeln Lehrerinnen und Lehrer beider Seiten in der Schule Talita Kumi zusammen Lehrmaterialien, die von beiden Parteien im Unterricht anerkannt werden. In Elternkreisen ("parents circle") treffen sich mehrere hundert Israelis und Palästinenser, die engste Angehörige durch Gewalttaten der jeweils anderen Seite verloren haben, trauern gemeinsam, versöhnen sich - und werben jeweils paarweise in Universitäten und Schulen für ein Ende der Gewalt im Nahostkonflikt.
Israelische Soldaten verweigern derzeit zu Hunderten den Kriegsdienst in den besetzten Gebieten, palästinensische Intellektuelle haben mehrfach zu einem Stopp von Selbstmordanschlägen aufgerufen. Im Rahmen des Monitor-Projektes "Zivile Konfliktbearbeitung", Dossier III, der Israel-Palästina-Konflikt, hg. von der Kooperation für den Frieden, zeigen Professor Andreas Buro und ich gemeinsam Wege aus der Eskalation auf und stellen die so wichtige Arbeit von Friedensgruppen vor ( www.koop-frieden.de ).
Nach einem möglichst baldigen Waffenstillstand ist zu hoffen, dass diese und viele andere Projekte irgendwann einmal so stark werden, dass sie zu einem wirklich gerechten und tragfähigen Frieden zwischen Israelis und Palästinensern führen. Wer Illan Pappes Buch Die ethnische Säuberung Palästinas, Frankfurt, 2007, gelesen hat und bereit ist, den Dialog darüber mit beiden Seiten zu führen, kann derzeit nur erahnen, wie weit und beschwerlich der Weg zu einer Aussöhnung im Nahostkonflikt noch sein wird.
Zum Autor: Clemens Ronnefeldt, Jg. 1960, arbeitet seit 1992 als Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes . Friedensdelegationen führten ihn mehrfach nach Israel und Palästina, Libanon, Syrien und Iran, um Friedens- und Menschenrechtsgruppen zu besuchen. Zuletzt war Clemens Ronnefeldt im Oktober 2008 in Israel und Palästina.
Zum Internationalen Versöhnungsbund: Der Internationale Versöhnungsbund wurde 1919 gegründet. Heute engagieren sich Versöhnungsbund-Mitglieder in 23 nationalen Zweigen sowie in 42 Friedensorganisationen weltweit. Der Verband hat Beraterstatus bei den Vereinten Nationen. Im Laufe der Jahrzehnte erhielten sechs Versöhnungsbund-Mitglieder den Friedensnobelpreis, darunter Dr. Martin Luther King, Adolfo Perez Esquivel und Mairead Corrigan.
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