Dienstag, 20. Juli 2010

Die Schwäche von Macht und Stärke





Der Mythos der Überlegenheit und Stärke


Menschen wollen heute mitbestimmen, - mit abstimmen,- auch und gerade, wenn es um Politisches geht. Leider stimmen sie gegen andere damit, und oft auch so, wie es populär erscheint, oder eben egoistisch.

Andererseits halten die Bürger auch gerne still, mucken nur ungern auf, sind selbst mit der geballten Faust in der Tasche noch ergeben. Manche, die den Drang zum Widerstand verspüren, benötigen dafür wiederum eine Art Guru, eine Führerfigur, der sie, diese anhimmelnd und absolut setzend, nachfolgen können.

Immer und immer wieder Unterwerfung, manchmal unter den Wahnsinn eines anderen, Mächtigen. Dabei wenden sich Menschen gegen ihre eigenen, besten Vorsätze, vor allem auch gegen ihre Gefühle,- gerade diese werden in der heutigen Zeit gerne lächerlich gemacht, abgesprochen, verleugnet. Nach der Verleugnung fühlen sich die Menschen erst einmal erhaben, schliesslich sind sie ja nun angeblich richtig geworden, im Sinne ihrer Führung. Wenn Herrschende ihr Volk zu mehr Demut auffordern, meinen sie damit Unterwerfung, und meistens erhalten die Mächtigen auch die Antwort darauf - indem sich die Meisten unterwerfen. Wer will denn schon unbescheiden und aufmüpfig sein?

Jeder rackert sich irgendwie ab, egal ob es Sinn macht oder nicht, und meutert nicht gegen ein System, das die Menschen lediglich um der Unterwerfung willen, - um den Schein zu wahren,- zu Arbeiten zwingt, die irgendwie erfunden werden, weil es die alte Art der Arbeit nicht mehr zu geben hat. Fast jeder der dies tut, hat nach getanem Werk ein tugendhaftes Gefühl, denn er ist nicht faul gewesen.

Und wieder war man ein braves Schaf in der Herde jener, die diese Schafe am meisten belügen und betrügen, verachten, beherrschen, unterdrücken und zerstören, ohne mit der Wimper zu zucken. Aber, der Gehorsam verschafft so ein gutes Gefühl, erlöst eine Weile von der Angst, die den Menschen gemacht wurde und wird. Der Gehorsam wischt die Bedenken eine Weile hinweg, und vertuscht die Furcht vor der eigenen Hilflosigkeit. Die Verachtung der Herrschenden ist die Zuflucht der Verachteten, weil diese sich letztendlich selber nicht achten.

Das eigene Streben nach Macht, nach Erfolg, Überlegenheit und mehr von allem ist die Legierung über der Panik vor dem eigenen Versagen. Gerade die Angst, die Hilflosigkeit, die Furcht erleben wir nicht als Warnsignal, sondern als auszumerzende Schwäche - und nur darum konnten Typen wie Stalin und Hitler zu göttlichen Vaterfiguren werden.

Heute ist es eine mächtige angebliche Mutterfigur, an der auch nichts stimmt, genau genommen. Das macht aber nichts, denn sie hat die Macht über das Land, das genügt. Wir verherrlichen diese Figuren, damit wir uns besser fühlen. Wir tun dies selbst dann, wenn wir in der Tiefe unter allem anderen Wust ihre Minderwertigkeit, ihre Hohlheit, und ihren Hass auf Leben und Lebendigkeit erkennen. Wir himmeln sie an, und ahmen sie in allem nach, obwohl wir merken und erkennen, dass es falsch ist.

Keiner der Herrschenden hatte und hat magische Eigenschaften, mit denen er die Menschen verführt. Wenn wir uns verzaubert fühlen von solchen Leuten, dann weil wir das so wollen,- weil wir diese Herrschenden mit Qualitäten ausstatten, die sie gar nicht haben.

Selbst Hitler hatte keine sonderlichen Qualitäten, und auch heute haben Herrschende diese nicht. Wir projizieren das alles auf sie, es ist der Lebensersatz für uns in der Unterwerfung. Schliesslich werden wir damit von der eigenen Verantwortung befreit, - wenn wir fremdbestimmt sind, können wir das alles ja nicht selber verantworten.

Kein einziger Politiker kann auch nur eine Menschenseele zerstören, wenn diese Menschenseele dies nicht zuläßt. Wer aber, als sein eigener Feind, zum willigen Partner der Herrschenden wird, bei dem ist Zerstörung zu machen.

Was wissen die meisten Menschen denn von ihren wahren Bedürfnissen? Indem sie gehorchen, sind sie davon abgehalten, genauso, wie von der eigenen inneren Leere, die entstanden ist. Unterwerfung verschafft die scheinbar schützende Decke einer Pseudo-Heiligkeit, einer Placebo-Erhabenheit, unter der die innere Verwüstung weiter voranschreitet.

Damit machen sich dann viele auf, und zerstören wieder andere, - jene Feinde die sie ausgemacht zu haben meinen.- und an denen sie lediglich ihre verborgenen Wunden rächen und abreagieren. Und wieder ziehen Soldaten in den Krieg, der angeblich so wichtig ist. Für wen? Und wieder lassen wir sie sich opfern für eine Sache, die wir selber nicht verstehen. Es ist immer für irgendein höheres Ziel, eines läßt sich immer finden - aber nicht alle Zwecke heiligen die Mittel.

Unterwerfung bedeutet Selbstauflösung bei - noch - lebendigem Leibe, und jede Ideologie die uns übergebraten wird, ist das Paradox unseres Unterwerfungsdrangs. Unterwerfe Dich! - Löse Dich auf! - es ist ja eine gute Übung für den Tod, da passiert das ja auch, und schliesslich muss jeder mal sterben.

Wir kämpfen uns durch eine leere Hülle der Macht voller Abstraktionen, die alle nicht dem Leben dienen. Wer der Idelogie der Macht widerspricht, wird manchmal verfolgt - denn, wenn einer widerspricht, bedroht er die Existenz der Lüge. Manche kritisieren die Art der Herrschaft, stellen sie aber nicht in Frage, weil sie selber der Macht huldigen.

Das ist auch bei den Kirchen so, bis hinein in die kleineren Gemeinschaften. Einer kann privat noch so ein Feigling sein, allen Problemen aus dem Weg gehen, sie vermeiden und Gott zuschanzen, und allen Frust an anderen auslassen,- am Wochenende dann, als Gemeindevorsteher, als Hilfsprediger, ist er endlich wer und kann anderen sagen, wo es mit der göttlichen Macht langgehen soll. Aufgeblasen vor Machtlust kann der Mensch seinen Frust, seine Verletzungen eine Weile vergessen, und sich einbilden, dass er den anderen überlegen ist.

Nein, in den Kirchen kommen die Menschen nicht als Gleichberechtigte zusammen, davor bewahre das verwaltete Heil. Es wird missbraucht was das Zeug hält, gerade auch durch Gruppendruck, durch den Machtanspruch derer, die sich zur Macht kriechen, um dann die anderen zu unterwerfen.

"Schau, wie ich mich aufopfere!" - und wie heilig alles dadurch erscheint, auch wenn die Taten noch so schrecklich sind. "Gott hat es so gewollt, denn ich tue doch alles nur für ihn!" Der Hass auf die eigene Lage kann wieder einmal verborgen werden. Martyrium als Liebe für den Tod - verdeckt durch den Einsatz für eine Sache - wie es auch Frau Merkel in Bezug auf unsere Soldaten wieder mehr und mehr herausstreicht.

Kriege, Gefahr, Feindseligkeiten werden herausgefordert, weil diese den Hass auf andere rechtfertigen. Alles, was die Idelogie der gerade gängigen Macht angreift, wird zum Feind. Alles was das erhabene Selbstbild dieser verinnerlichten Ideologien angreift, wird zum Gegner. In einer Politik, die auf Unterdrückung aufbaut, kann es nichts anderes geben, denn sonst würde dieser Politik ja ihre Grundlage fehlen.

Jede Politik der Stärke und Unterdrückung der Schwächeren ist von vorneherein Betrug am Leben. Die Herrschenden hassen nicht jene, die auch Macht haben wollen, sondern die, welche das Ganze durchschauen, und den Lebensbetrug gefährden.

Moral wird gerne abgelehnt, aber ohne eigene Moral ist alles beliebig und ohne eigene Orientierungsmöglichkeit. Es ist dann gleichgültig, wem ein Mensch gefällig ist, Hauptsache es bringt etwas ein an Vorteilen. Trotz des Leidens an den Lügen der Macht unterwirft sich der Mensch, dies tun auch manche, die sich für Rebellen halten.

Wichtiger ist jene Haltung, die bei sich selber, bei der eigenen Festigkeit der selbstgefundenen, selbsterkämpften, gelebten Moral bleibt,- egal, was im Leben auch immer zustossen mag. Bei den eigenen Gefühlen bleiben, diese sich nicht absprechen lassen, - die Zeit nicht vergeuden mit dem Warten auf Befriedigung des Wunsches nach Gleichwertigkeit, die nie kommt. Sich nicht auf Kosten anderer stärker fühlen wollen...

Sehen, wie andere wirklich sind,- wie die Macht wirklich ist. Es ist die Rache der Kanzlerin Merkel an allen, - der Politiker für ihre Art Fruist,- wenn sie ihren Bürgern abverlangen, dass sie mehr leisten sollen für fast nichts, als sie selber zu tun bereit sind - weil der Bürger ansonsten angeblich nichts taugt.

Doch eifrig wird diese Art des Denkens übernommen, und viele beten es nach. 
Die ureigene Moral eines gefestigten Menschen hilft ihm, damit er an seine eigene Wahrheit glauben kann. Wer um seine eigene Wahrheit nicht weiss, der kann anderen nicht zuhören, kann diese nicht in deren eigener Wahrheit respektieren. Ohne Machtgehabe verschafft diese Wahrheitslosigkeit aber nur Verzweiflung,- und gegen diese Verzweiflung wird dann Macht missbraucht.

Wir sind für die USA und deren Präsidenten in den Krieg gezogen, um ein anderes Volk aus der geballten Überheblichkeit heraus zu unterdrücken,- wir massen uns an, über den Islam zu urteilen,- andere Menschen zu verachten, weil sie anders glauben und leben als wir. Im Namen des Fortschritts, statt der dahinter versteckten alten Rassismen und Feindseligkeiten, tun wir es, aber das ändert nichts am zerstörerischen Tun, und dass das alte darunter nur verborgen ist.

Bevor wir uns nicht mit unseren eigenen Ängsten und Hilflosigkeiten auseinander gesetzt haben, erkennen wir die Gründe nicht, die uns antreiben. Wer dieser Auseinandersetzung aus dem Weg geht, verliert die Zusammenhänge der Lebendigkeit und des Lebens aus den Augen. Scheinheiligkeit verhilft dann dazu, wenigstens so zu tun als ob man eine Moral hätte.

Die Politik und Moral der Stärke akzeptiert nur ungern die Grenzen, die der Mensch nun einmal hat. Das bedeutet aber nicht, dass ein Mensch mangelhaft wäre, der um seine Grenzen weiss,- im Gegenteil, es bewahrt diesen vor Grössenwahn, und vor dem Ausweichen vor sich selber.

Die eigentlich schwachen Menschen sind jene, die herrschen müssen, die Macht brauchen wie das tägliche Brot,- die auf ihre Stärken und Überlegenheiten pochen müssen, weil sie sich sonst unterlegen fühlen würden. Sie hätten die Berechtigung zu diesem Gefühl, denn eigentlich sind sie die Unterlegenen,- darum blasen sie sich so auf.

Wer die Existenzberechtigung der Menschen an Macht und
Stärke festmacht, der schafft sich ein Pulverfass. Es mag wieder 40 Jahre dauern, aber dann fliegt es ihm um die Ohren.





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